Die Mandoline ist etwas außergewöhnliches

Die Mandoline, ein lautenartiges Zupfinstrument, kommt vielen Jugendlichen, die ein Musikinstrument erlernen wollen, höchst wahrscheinlich gar nicht erst in den Sinn. Elektro-Gitarre, Keyboard, Schlagzeug und traditionelle Instrumente wie Klavier, Violine und Konzertgitarre scheinen da viel populärer. Mit diesem vermeintlichen Schattendasein der Mandoline können jedoch Simone Räther und Andreas Gerhard aus Wetzlar ganz gut umgehen. „Für uns ist die Mandoline etwas Außergewöhnliches“, sind sich beide einig. Denn nicht nur die geringere Verbreitung macht sie umso stolzer, eben dieses Saiteninstrument spielen zu können, sondern beide hat gleichfalls eine musikalische Reiselust gepackt.

Die beiden aktiven Mitglieder des Mandolinenvereins 1924 Nauborn e.V. haben zur Osterzeit eine Woche lang an der jährlich stattfindenden Arbeitsphase des Europäischen Gitarren- und Mandolinen- Jugendorchesters (European Guitar- and Mandoline Youth Orchestra –EGMYO) teilgenommen. In diesem Jahr ging die Reise in die Stadt Murcia im Südosten Spaniens. Für die 22-jährige Projektmanagerin und Master-Studentin (Prozessmanagement) an der Fachhochschule Gießen-Friedberg und den 18-jährigen Abiturienten (12. Klasse) an der Wetzlarer Werner-von-Siemens- Schule war dies jedoch schon eine „Wiederholungstat“. Beide haben mit dem Orchester bereits in Griechenland, Gerhard zusätzlich noch in Italien musiziert. Um dort mitspielen zu können, müsse man gute Fähigkeiten besitzen, denn die einzustudierenden Werke seien oft nicht nur anspruchsvoll, sondern auch von sehr moderner Tonsprache. Das sei etwas ganz anderes als das Repertoire des Nauborner Vereins, der den Spagat zwischen populärer klassischer Musik, Volksweisen und gemäßigten modernen Werken angesichts der Mitgliederstruktur sucht. Der Mandolinenverein Nauborn hat rund 25 Aktive, davon sind etwa zehn Jugendliche. Um ihr spielerisches Können zu verfeinern, sind Räther und Gerhard ebenfalls Mitglieder des Jugendzupforchesters Hessen. 21 Magazin Proben, drei Konzerte und Geselligkeit In Murcia waren beide zwei von elf deutschen Jugendlichen des 55-köpfigen europäischen Orchesters unter der Leitung von Pedro Chamorro. Die anderen Teilnehmer stammten unter anderem aus Italien, Portugal, Luxemburg, Russland, Norwegen, Belgien oder Großbritannien. Unter Anleitung professioneller Dozenten haben sich die jungen Musiker jeweils in einzelnen Stimmenregistern, aber auch in Orchesterproben auf ein Konzertprogramm vorbereitet. Weil sich Simone Räther für die zweite Mandolinen-Stimme beworben hatte, wurde sie von der Deutsch-Bulgarin Caterina Lichtenberg unterrichtet. Andreas Gerhard hatte in seinem Tenorfach, der tiefer gestimmten Mandola, Juan Carlos Munoz als Dozenten. Acht bis zehn Stunden probten die jungen Zupfmusiker täglich, „manchmal sogar auch nachts auf dem Zimmer“, fügt Andreas hinzu. „Mitunter waren die Stücke von den Noten her einfach, doch dann machte das schnelle Tempo zu schaffen“, erzählt der Wetzlarer. Ein besonders schweres Werk sei „Within the fence – in haro“ des zeitgenössischen japanischen Komponisten Yasuo Kuwahara gewesen, der oft moderne Spieltechniken vorschreibe. „Ich mag zeitgenössische moderne Sachen nicht so sehr, viel lieber spiele ich Stücke mit einer schönen Melodie“, gesteht Simone Räther ein. Beiden hat es aber großen Spaß gemacht, in dem Orchester mitspielen zu dürfen – und sie würden wieder mitmachen. Schließlich gab es neben den Proben auf dem Campus einer Hochschule für Agrarwissenschaft, drei Konzerten und einer CD-Aufnahme auch Zeit für gemeinsame Unternehmungen und geselliges Feiern. „Nicht nur mit den anderen Orchestermitgliedern waren wir unterwegs, auch die Dozenten waren oft mit dabei“, berichtet Gerhard. Neben dem persönlichen Austausch loben die beiden Wetzlarer auf instrumentaler Seite auch, neue Techniken und Kniffe ihrer europäischen Mitmusiker kennen gelernt zu haben. Für Simone Räther und Andreas Gerhard bleibt das Mandolinenspiel jedoch ein Hobby. Zwar haben beide jeweils im Alter von sechs Jahren mit diesem Instrument angefangen und spielen auch weitere Instrumente, doch hat Räther in ihrem jetzigen Beruf Fuß gefasst und Gerhard möchte eher ein technisches Studium aufnehmen.

Artikel aus den „Wetzlarer Heften“