Einmal zur Besinnung kommen

Mittenaar-Bicken (klp/s) Selten gehörte Klänge haben am Sonntag das Bickener Dorfgemeinschaftshaus erfüllt: Zur 17. „Blauen Stunde“war das Orchester des Mandolinenvereins Nauborn zu Gast. Außerdem unterhielten während der zwei besinnlichen Stunden Hannelore Benz, ihre Enkelin Denise und Heimatbuchautorin Ingeborg Höbel aus Arborn die rund 200 Gäste.

Wolfgang Feyle, Erster Beigeordneter der Gemeinde Mittenaar, ermunterte die Gäste, die Alltagssorgen zu vergessen und sich an schönen Dingen zu ergötzen. Und als Initiatorin und Moderatorin freute sich Hannelore Benz über den großen Publikumszuspruch.
Mit einem Frühlingslied nach einem Text von Heinrich Heine begrüßte die achtjährige Denise Benz die Zuhörer. Das Mandolinen-Orchester aus Nauborn eröffnete die Veranstaltung musikalisch mit einer Ouvertüre von Georg Clausnitzer, ehe Hannelore Benz auf die Geschichte dieses Orchesters einging, das seinen Ursprung in der Wandervogelbewegung hatte.
1924 gründeten zwölf junge Männer den „Club Naturfreunde“, der singend und mit Mandolinenbegleitung seine Wanderungen unternahm. Da Gruppen wie diese mit der Arbeiterbewegung sympathisierten, seien sie 1934 vom Naziregime verboten worden. Die Nauborner hätten sich jedoch das Musizieren nicht verbieten lassen.
Benz berichtete, dass die Saiteninstrumente ihren Ursprung im Morgenland hatten und die Kreuzritter diese vor rund 1000 Jahren mit ihren „sarazenischen Geliebten“ als Reiseandenken mitgebracht hätten.
Im morgenländischen Kulturkreis seien Schildkrötenschalen mit Saiten aus Katzendärmen bespannt worden, aus denen dann über Umwege das Wort „Laute“ entstanden sei.
Aus der Urform der Laute seien Mandolinen, Geigen, Gitarren und alles, was mit Saiten bespannt war, entwickelt worden. Angenehme Töne entlockten die Musiker des Mandolinen-Orchesters unter Martina Gerhard und Julia Räther ihren Instrumenten bei Liedern, Märschen und Tänzen aus zahlreichen Ländern und ernteten damit viel Beifall.Hannelore Benz trug unterstützt von ihrer Enkelin Gedichte von Wilhelm Busch vor, der mit neun Jahren sein Elternhaus verlassen musste und von einem Onkel erzogen wurde.
Busch habe einen feinsinnigen Humor besessen, aber in seinen Geschichten sei auch Schärfe zu finden, sagte die Ballersbacherin in Anspielung auf „Max und Moritz“.
Heiterkeit kam auf, als sie von dem Kauf einer Sonnenbrille und dem sich daraus ergebenden Handel in Tunesien berichtete. Zum Nachdenken animierte sie die Gäste mit Redensarten ihrer Großmutter, in denen sich viele Wahrheiten verbargen.
Zu Gast war auch Ingeborg Höbel aus Arborn, die schon vor neun Jahren an der ersten „Blauen Stunde“ in Ballersbach mitgewirkt hatte. Sie las eigene Gedichte und auch Passagen aus ihrem Buch „Das verstehst Du noch nicht“, das Ende Mai erscheinen soll.
Höbel gelte als die Pionierin des Fremdenverkehrs im Westerwald und im Dillkreis, berichtete Benz, da sie viele Jahre Gebietsbeauftragte für den Fremdenverkehr in den Kreisen Dillenburg, Weilburg, Limburg und Taunus war. Die nächste „Blaue Stunde“ soll am 2. November in Ballersbach über die Bühne gehen.

WNZ-Artikel vom 23.04.2008